Das neue Gewährleistungsrecht

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Mag. Hanns D. Hügel

Erstellt am 27. April 2022

Durch Umsetzung zweier EU-Richtlinien wurde das bestehende Gewährleistungsrecht reformiert und das neue Verbrauchergewährleistungsgesetz (kurz „VGG“) mit verbraucherfreundlicheren Regelungen geschaffen.

Zusammenfassung der wesentlichen Änderungen:

Die allgemeine Gewährleistungsfrist ab Übergabe der beweglichen Sache beträgt wie bisher zwei Jahre (bei Immobilien weiterhin drei Jahre) und wird durch die Neuregelung um eine zusätzliche Verjährungsfrist von drei Monaten erweitert. Für Rechtsmängel (Beispiel: Es wird eine fremde Sache verkauft) beträgt die Gewährleistungsfrist ebenso zwei Jahre. Der Unternehmer hat auch für Rechtsmängel an digitalen Leistungen, die zu Beginn oder während des Bereitstellungszeitraumes auftreten, zwei Jahre lang gewähr zu leisten.

Wann sind die Regelungen des VGG anwendbar?

Das VGG kommt auf Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern ab Jänner 2022 zur Anwendung.

Welche Verträge sind erfasst?

Im VGG sind Regelungen für Warenkaufverträge enthalten, deren Bezahlung durch eine in Geld bestehender Gegenleistung erfolgt ist. Bei der Bereitstellung von digitalen Inhalten und digitalen Dienstleistungen kann die Gegenleistung (Zahlung) in der Übermittlung personenbezogener Daten des Verbrauchers bestehen.

Welche Voraussetzungen müssen für die Geltendmachung der Gewährleistung vorliegen?

Für Anwendung des Gewährleistungsrechts muss ein Mangel an der Ware oder der (digitalen) Leistung bestehen, indem eine vertraglich vereinbarte Eigenschaft in negativer Weise abweicht oder nicht vorhanden ist. Der Unternehmer hat für das Vorhandensein von gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften gewähr zu leisten. Bei digitalen Inhalten und Leistungen ist eine regelmäßige Aktualisierung durch den Unternehmer vorzunehmen, damit die Leistung weiterhin dem Vertrag entspricht. Außerdem muss bei digitalen Leistungen immer die neueste bei Vertragsabschluss verfügbare Version bereitgestellt werden, sofern nichts anderes vereinbart wurde.

Wofür haftet der Unternehmer?

Der Unternehmer haftet für Mängel der Leistung oder der Sache, die innerhalb von 2 Jahren ab Übergabe hervorkommen. Bei fortlaufend bereitzustellenden digitalen Leistungen hat der Unternehmer für Sachmängel gewähr zu leisten, die innerhalb der Dauer der Bereitstellungspflicht auftreten oder hervorkommen.

Die Vermutungsfrist dafür, dass der Mangel bereits bei Übergabe bestand wurde von einem halben Jahr bisher auf 1 Jahr verlängert.

Wann kann der Unternehmer von der vereinbarten Leistung abweichen?

Bei einer fortlaufenden digitalen Leistung durch den Unternehmer, besteht unter gewissen Voraussetzungen das Recht zur einseitigen Leistungsänderung. Die Änderungen und ein triftiger Grund müssen dafür im Vertrag angeführt sein. Die einseitige Leistungsänderung darf für den Verbraucher aber nicht mit zusätzlichen Kosten verbunden sein und er muss darüber klar und verständlich informiert werden.

Welche Rechtsbehelfe stehen zur Verfügung?

Der Unternehmer hat – wie im Wesentlichen bisher schon – zuerst Verbesserung oder Austausch binnen angemessener Frist, ohne Kosten für den Verbraucher und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten durchzuführen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch Preisminderung oder die Vertragsauflösung geltend gemacht werden, wodurch dem Verbraucher die geleistete Zahlung vollständig vom Unternehmer rückerstattet wird.

Wichtig und neu: Bei Verträgen über die Bereitstellung digitaler Leistungen kann nur die „Herstellung des mangelfreien Zustands“ geltend gemacht werden. Ein Austausch digitaler Leistungen ist naturgemäß oft nicht möglich und daher wohl nicht vorgesehen. Alle Behelfe können durch formfreie, aber nachweisliche Erklärung geltend gemacht werden und verhindern somit die Verjährung des Anspruchs. Bisher musste Gewährleistung mit Klage geltend gemacht werden, um eine Verjährung des Anspruchs zu verhindern. Wichtig ist jedoch stets, dass ein Nachweis über die Zustellung an den Unternehmer vorliegt. Empfehlenswert ist daher die Geltendmachung der Gewährleistungsrechte mit eingeschriebenem Brief.

Welche Verjährungsfristen sind zu beachten?

Nach Ablauf der Gewährleistungsfrist, muss der Anspruch binnen 3 Monaten geltend gemacht werden, damit er nicht verjährt. Besteht der Mangel zu Beginn oder während des Bereitstellungszeitraumes einer digitalen Leistung darin, dass nicht die gewünschte Rechtsposition erlangt wird, ist eine Verjährungsfrist von 2 Jahren zu beachten, die nach bekannt werden des Mangels zu laufen beginnt.

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