Einfach Erbrecht – Erbunwürdigkeit Teil 3

Ein gerahmtes schwarz-weiß Foto einer lächelnden Großmutter steht auf einem hellen Schreibtisch neben einem beigen Briefumschlag mit der Aufschrift „Testament“. Es geht auch um Erbunwürdigkeit.

Iris Margetich & Antonella Kasperowski

Erstellt am 14. Oktober 2025

Zuletzt ging es um die absolute Erbunwürdigkeit und welche Gründe darunterfallen, sodass ein Erbe ohne weitere Voraussetzungen seinen Anspruch verliert. Es gibt aber auch relative Erbunwürdigkeitsgründe, die weniger schwerwiegende Verfehlungen umfassen und zusätzlich zum Vorliegen der Gründe weitere Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit Erbunwürdigkeit gegeben ist. Im Folgenden wird das Konzept der relativen Erbunwürdigkeit näher beleuchtet.

Die Voraussetzungen der relativen Erbunwürdigkeit

Die relativen Erbunwürdigkeitsgründe sind im § 541 ABGB geregelt und führen nur dann zur Erbunwürdigkeit, wenn die Verstorbene zu Lebzeiten aufgrund ihrer Testierunfähigkeit, aus Unkenntnis oder aus sonstigen Gründen nicht in der Lage war, eine Enterbung vorzunehmen. Unter der „Enterbung“ versteht man eine letztwillige Verfügung des Verstorbenen, in der dieser erklärt, dass die betroffene Person aufgrund von Verfehlungen im Sinne des § 541 ABGB enterbt ist.

 

Testierfähigkeit liegt nicht vor, wenn eine Person nicht mehr oder noch nie die Fähigkeit besessen hat, die Bedeutung und die Folgen der letztwilligen Verfügung zu verstehen und sich entsprechend verhalten zu können. Ein weiterer Hinderungsgrund ist die Unkenntnis. Diese ist jedenfalls erfüllt, wenn dem Verstorbenen das Vorliegen des Erbunwürdigkeits- bzw. Enterbungsgrundes unbekannt ist. Sie kann aber auch dann vorliegen, wenn sich der Verstorbene über die Identität des Handelnden geirrt hat. Es können aber auch sonstige Gründe vorliegen, aus denen der Verstorbene nicht in der Lage war, eine Enterbung anzuordnen.

 

Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 2 Ob 219/23d vom 23.04.2024 klargestellt, dass die relative Erbunwürdigkeit nur dann gegeben ist, wenn die Handlung der Erb:in gezielt auf die Zufügung schweren seelischen Leids des Verstorbenen ausgerichtet war. Das bedeutet, dass die Handlung der Erb:in eine verwerfliche und objektiv nachvollziehbare Schwere aufweisen muss, die über alltägliche Konflikte hinausgeht. Diese Entscheidung verdeutlicht, dass nicht jede negative Handlung gegenüber dem Verstorbenen automatisch zur (relativen) Erbunwürdigkeit führt. Vielmehr ist eine gründliche Prüfung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich, um festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 541 ABGB erfüllt sind.

 

Auf die konkreten Erbunwürdigkeitsgründe wird im nächsten Beitrag eingegangen werden.

 

 

 

 

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