Das gesetzliche Erbrecht
Ein Berufungsgrund ist zunächst das Gesetz, wobei dieses nur zur Anwendung kommt, wenn der Verstorbene erbrechtlich nicht vorgesorgt hat. Die gesetzliche Erbfolge tritt nämlich nur dann ein, wenn keine gültige letztwillige Verfügung (zB Testament oder Erbvertrag) vorliegt. Das gesetzliche Erbrecht ist auch anwendbar, wenn sich die letztwillige Verfügung nicht auf die gesamte Verlassenschaft erstreckt oder wenn letztwillig eingesetzte Erb:innen nicht zur Verlassenschaft gelangen (zB weil sie vorverstorben oder erbunwürdig sind).
Als gesetzliche Erb:innen sind zunächst die näheren Verwandten sowie die Ehegatt:innen bzw eingetragene Partner:innen der Verstorbenen vorgesehen (§ 730 ABGB). Können diese die Verlassenschaft nicht erwerben, etwa weil keine erbberechtigten Angehörigen vorhanden sind, steht der Lebensgefährt:in ein subsidiäres gesetzliches Erbrecht zu (§ 748 ABGB). Kommt auch die Lebensgefährt:in nicht zum Zug, können ausnahmsweise Vermächtnisnehmer:innen – also Personen, denen der Verstorbene nur einzelne Teile des Vermögens zugewiesen hat – gemäß § 749 ABGB zur Erbschaft gelangen. Wenn zuletzt auch diese Möglichkeit entfällt, ist die Verlassenschaft als erblos zu erklären. In diesem Fall fällt die Verlassenschaft dem Staat zu.
Das testamentarische Erbrecht
Eine letztwillige Verfügung ist eine einseitige Willenserklärung zu Lebzeiten, die das Schicksal der künftigen Verlassenschaft regelt. Jede:r kann in gewissen Grenzen bestimmten, was mit seinem Vermögen nach dem Tod passiert. Ein wirksames Testament geht dem gesetzlichen Erbrecht vor. Die wichtigste letztwillige Verfügung ist das Testament. Ein Testament liegt vor, wenn ein oder mehrere Personen als Gesamtrechtsnachfolger:innen eingesetzt werden. Für die Rechtswirksamkeit einer letztwilligen Verfügung müssen strenge Formvorschriften eingehalten werden und weitere Voraussetzungen vorliegen (zB Testierfähigkeit: Beim Verfassen des Testaments muss man zurechnungsfähig sein).
Wird in einem Testament nur eine Person als Erb:in eingesetzt, übernimmt diese allein die gesamte Rechtsstellung der Verstorbenen bzw der ruhenden Verlassenschaft – sie ist Alleinerb:in. Werden hingegen mehrere Personen als Erb:innen bestimmt, handelt es sich um Miterb:innen, die nach Quoten erben. Diese Erbanteile sind ideeller Natur, das heißt sie beziehen sich nicht auf konkrete Gegenstände, sondern auf rechnerische Bruchteile des gesamten Nachlasses. Die Rechte und Pflichten des Verstorbenen gehen daher anteilig entsprechend diesen Quoten auf die Miterb:innen über. Durch eine Erbteilungsanordnung kann eine konkrete Aufteilung einzelner Nachlassgegenstände festgelegt werden. Dadurch kann – abweichend von der gesetzlichen Quotenregelung – eine reale Verteilung bestimmt werden.
Kann ein Erbanspruch erlöschen?
Ein Erbanspruch kann aufgrund eines Testaments oder aufgrund der allgemeinen gesetzlichen Regeln erworben werden. Doch eine Erb:in kann ihr Erbrecht auch verlieren, wenn sie Verstöße oder gar Verbrechen gegenüber der verstorbenen Person begangen hat – die Erb:in wird bei schweren Verstößen erbunwürdig.
Was sind Gründe für die Erbunwürdigkeit?
Die Gründe für eine Erbunwürdigkeit sind im Gesetz abschließend (taxativ) geregelt. Sie betreffen schwerwiegende Verfehlungen gegen die verstorbene Person (§§ 539, 541 ABGB), dessen letzten Willen (§ 540 ABGB) oder gegen die Verlassenschaft.
Das Gesetz geht davon aus, dass jemand der solche Taten zu verantworten hat, seinen Anspruch auf die Erbschaft verwirkt hat. Aufgrund der Schwere dieser Handlungen wird ein hypothetischer Wille der verstorbenen Person vermutet, der die Enterbung rechtfertigt. Solche gravierenden Verhaltensweisen führen daher zur Erbunwürdigkeit – es sei denn, die verstorbene Person hat der Betroffenen ausdrücklich verziehen. Dem Erbunwürdigen steht weder ein Pflichtteilsrecht noch ein Vermächtnis zu. Im Falle der gesetzlichen Erbrechtsfolge treten die Nachkommen – sofern sie welche hat – der Erbunwürdigen in ihre Position ein. Wird eine letztwillig bedachte Person erbunwürdig, dann kommen zunächst Ersatzerb.innen zum Zug. Sollte es solche nicht geben, tritt die vermutete Ersatzerbschaft in Kraft, wonach die Kinder der erbunwürdigen Person erben, wenn die erbunwürdige Person selbst das Kind der verstorbenen Person ist. Wenn auch die vermutete Ersatzerbschaft nicht greift, kommt es zur Anwachsung bei den übrigen eingesetzten Erb:innen.
Die Gründe der Erbunwürdigkeit werden in absolute und relative Erbunwürdigkeitsgründe geteilt. Die absolute Erbunwürdigkeit umfasst Gründe, die so schwer wiegen, dass das Gesetz selbst dem Handelnden das Erbrecht entzieht, ohne dass der Verstorbene hier eine Enterbung ausgesprochen hat. Unter die relative Erbunwürdigkeit fallen nur Gründe, bei denen es grundsätzlich zunächst dem Verletzten obliegt zu entscheiden, ob die betroffenen Person vom Erbrecht ausgeschlossen werden soll. Die einzelnen Enterbungsgründe und ihre Folgen behandeln wir in den nächsten Blogbeiträgen im Detail.
 
															