Einfach Erbrecht – Erbunwürdigkeit Teil 1

Dokument mit der Aufschrift „Testament“ auf hellem Holztisch, daneben goldene Waage, Richterhammer und Füllfederhalter – Symbol für Erbrecht und Nachlassregelung.

Hanns D. Hügel, Antonella Kasperowski

Erstellt am 15. September 2025

Wenn ein Todesfall eintritt, stellt sich die Frage, wer eigentlich erbt. Das österreichische Erbrecht regelt genau, wer in welcher Reihenfolge Anspruch auf den Nachlass hat und unter welchen Umständen jemand enterbt oder erbunwürdig wird. Im folgenden Beitrag beleuchten wir die gesetzliche Erbfolge, das testamentarische Erbrecht und die Erbunwürdigkeit.

 

Das gesetzliche Erbrecht

Der wichtigste Berufungsgrund im Erbrecht ist das Gesetz, wobei dieses nur subsidiär zur Anwendung kommt. Die gesetzliche Erbfolge tritt nämlich nur dann ein, wenn keine gültige letztwillige Verfügung (zB Testament oder Erbvertrag) vorliegt, eine solche Verfügung besteht, aber sich nicht auf die gesamte Verlassenschaft erstreckt oder wenn letztwillig eingesetzte Erb:innen nicht zur Verlassenschaft gelangen (zB weil sie vorverstorben oder erbunwürdig sind).

 

Als gesetzliche Erb:innen sind zunächst die näheren Verwandten sowie die Ehegatt:innen bzw. eingetragene Partner:innen der Verstorbenen vorgesehen (§ 730 ABGB). Können diese die Verlassenschaft nicht erwerben, etwa weil keine erbberechtigten Angehörigen vorhanden sind, steht der Lebensgefährt:in ein subsidiäres gesetzliches Erbrecht zu (§ 748 ABGB). Kommt auch die Lebensgefährt:in nicht zum Zug, können ausnahmsweise Vermächtnisnehmer:innen – also fremde Personen – gemäß § 749 ABGB im Rahmen ihres außerordentlichen Erbrechts zur Erbschaft gelangen. Wenn zuletzt auch diese Möglichkeit entfällt, ist die Verlassenschaft als erblos zu erklären. In diesem Fall fällt die Verlassenschaft dem Bund zu, der ein Aneignungsrecht nach § 750 ABGB hat – dieses stellt jedoch kein gesetzliches Erbrecht im eigentlichen Sinn dar.

 

Das testamentarische Erbrecht

Eine letztwillige Verfügung ist eine rechtsgeschäftliche Disposition zu Lebzeiten, die das Schicksal der künftigen Verlassenschaft regelt. Im Gegensatz zur gesetzlichen Erbfolge bedeutet das, dass über das eigene Vermögen eigenverantwortlich bestimmt werden kann, was damit nach dem Tod passieren soll. Aus diesem Grund geht eine solche dem Gesetz vor. Eine letztwillige Verfügung kann ein Testament oder eine sonstige letztwillige Verfügung sein. Ein Testament liegt vor, wenn ein oder mehrere Erb:innen als Gesamtrechtsnachfolger:innen eingesetzt werden. Für die Rechtswirksamkeit einer letztwilligen Verfügung müssen einige Formvorschriften eingehalten werden und Voraussetzungen vorliegen (zB Testierfähigkeit, Höchstpersönlichkeit).

 

Wird in einer letztwilligen Verfügung nur eine Person als Erb:in eingesetzt, übernimmt diese allein die gesamte Rechtsstellung der Verstorbenen bzw. der ruhenden Verlassenschaft (§ 547 ABGB) – sie ist Alleinerb:in. Werden hingegen mehrere Personen als Erb:innen bestimmt, handelt es sich um Miterb:innen, die nach Quoten erben. Diese Erbanteile sind ideeller Natur, das heißt sie beziehen sich nicht auf konkrete Gegenstände, sondern auf rechnerische Bruchteile des gesamten Nachlasses.

Die Rechte und Pflichten des Verstorbenen gehen daher anteilig entsprechend diesen Quoten auf die Miterb:innen über. Die Erblasser:in kann jedoch durch eine sogenannte Erbteilungsanordnung eine konkrete Aufteilung einzelner Nachlassgegenstände festlegen. Dadurch kann – abweichend von der gesetzlichen Quotenregelung – eine reale Verteilung bestimmt werden. In solchen Fällen ergeben sich die tatsächlichen Erbquoten erst aus den Wertrelationen der zugewiesenen Gegenstände.

 

Kann ein Erbanspruch erlöschen?

Ein Erbanspruch kann wie soeben erläutert entweder aufgrund eines Testaments oder aufgrund der allgemeinen gesetzlichen Regeln erworben werden. Doch eine Erb:in kann ihr Erbrecht auch verlieren, wenn sie Verstöße oder gar Verbrechen gegenüber der verstorbenen Person begangen hat – die Erb:in wird erbunwürdig.

 

Was sind Gründe für die Erbunwürdigkeit?

Die Gründe für eine Erbunwürdigkeit sind im Gesetz abschließend (taxativ) geregelt. Sie betreffen schwerwiegende Verfehlungen gegen die verstorbene Person (§§ 539, 541 ABGB), dessen letzten Willen (§ 540 ABGB) oder gegen die Verlassenschaft.

 

Das Gesetz geht davon aus, dass die verstorbene Person einer Person, die sich in solcher Weise verhalten hat, nichts hinterlassen wollte. Aufgrund der Schwere dieser Handlungen wird ein hypothetischer Wille der verstorbenen Person vermutet, der die Enterbung rechtfertigt (zB Witwe fälschte ein Testament, tritt aber vom Versuch zurück – keine Erbunwürdigkeit: 2 Ob 174/20g). Solche gravierenden Verhaltensweisen führen daher zur Erbunwürdigkeit – es sei denn, die verstorbene Person hat der Betroffenen ausdrücklich verziehen. Die Konsequenz der Erbunwürdigkeit ist, dass die Erbunwürdige aus der Verlassenschaft der verstorbenen Person nicht erwerben kann. Daneben steht ihm auch weder ein Pflichtteilsrecht noch ein Vermächtnis zu.

Im Falle der gesetzlichen Erbrechtsfolge treten die Nachkommen – sofern sie welche hat – der Erbunwürdigen in ihre Position ein. Wird eine letztwillig bedachte Person erbunwürdig, dann kommen zunächst etwaige Ersatzerb.innen zum Zug. Sollte es solche nicht geben, tritt die vermutete Ersatzerbschaft in Kraft, wonach die Kinder der erbunwürdigen Person erben, wenn die erbunwürdige Person selbst das Kind der verstorbenen Person ist. Wenn auch die vermutete Ersatzerbschaft nicht greift, kommt es zur Anwachsung bei den übrigen eingesetzten Erb:innen.

 

Die Gründe der Erbunwürdigkeit werden in absolute und relative Erbunwürdigkeitsgründe geteilt. Die absolute Erbunwürdigkeit umfasst Gründe, die so schwer wiegen, dass das Gesetz selbst dem solcherart Handelnden das Erbrecht entzieht, soweit dies dem vermuteten Willen des Verstorbenen entspricht. Unter die relative Erbunwürdigkeit fallen nur Gründe, bei denen es grundsätzlich zunächst dem Verletzten obliegt zu entscheiden, ob die betroffenen Person vom Erbrecht ausgeschlossen werden soll. Die einzelnen Enterbungsgründe und ihre Folgen behandeln wir in den nächsten Blogbeiträgen im Detail.

 

 

 

 

 

 

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