Anfechtungslegitimation: Wer ist zur individuellen Kündigungsanfechtung berechtigt?
Die Individualanfechtung ist von der Betriebsverfassung losgelöst und besteht neben dem allgemeinen Kündigungsschutz des § 105 ArbVG für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die aufgrund eines unzulässigen Grundes gekündigt werden. Man bezeichnet diese Kündigungsanfechtung auch als Individualrecht der Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen das heißt, dass nur die Arbeitnehmer und der Arbeitnehmerinnen anfechtungsberechtigt ist und nicht auch der Betriebsrat.
Anfechtungsfrist bei: Wann ist die Kündigung anzufechten?
Die jeweiligen Kündigungsfristen finden sich in den unterschiedlichen Gesetzen an der Stelle, an der die Individualanfechtung geregelt ist. Grundsätzlich hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die Kündigung in den meisten Fällen der Individualanfechtung innerhalb von zwei Wochen ab Ausspruch der Kündigung anzufechten (zB §§ 15, 29 GlBG, § 7k Abs 2 Z 2 BEinstG). Eine Ausnahme bildet die Kündigung wegen des Verlassens des Gefahrenbereichs gemäß § 8 Abs 2 AVRAG, für die die Anfechtungsfrist nur eine Woche beträgt. Für die Kündigungsanfechtung nach § 15 Abs 1 AVRAG und eine solche nach dem MSchG bzw VKG sind keine Fristen geregelt, weshalb es strittig ist, ob in diesen Fällen auch die zweiwöchige Frist einzuhalten ist.
Anfechtungsgründe: Aus welchem Grund kann die individuelle Arbeitnehmer:in die Kündigung anfechten?
Es handelt sich bei den Anfechtungsgründen um verpönte Motive, weswegen der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin nicht gekündigt werden dürfen, die dem Vorbild der Motivkündigung im ArbVG nachgebildet sind. Darunter fallen unter anderem die Unterscheidungskriterien des GlBG (zB wegen des Geschlechts) oder Kündigung wegen der offenbar nicht unberechtigten Geltendmachung von Ansprüchen nach dem GlBG (OGH 8 Ob A18/24s; 9 Ob A17/23z), aber auch die Kündigung wegen einer Behinderung (BEinstG) bzw wegen der offenbar nicht unberechtigten Geltendmachung von Ansprüchen nach dem BEinstG. Die individuelle Kündigungsanfechtung nach dem Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) bildet praktisch den wichtigsten Anfechtungstatbestand.
Weitere unzulässige Gründe einer Kündigung sind unter anderem die Kündigung wegen des Verlassens des Gefahrenbereiches bei ernster und unmittelbarer Gefahr für Leben und Gesundheit (§ 8 Abs 2 AVRAG), wegen der Tätigkeit als Sicherheitsvertrauensperson (§ 9 Abs 2 AVRAG) oder wegen der Inanspruchnahme einer Elternzeit nach dem 4. Geburtstag des Kindes (§ 15n Abs 2 MschG bzw § 8f Abs 2 VKG; OGH 8 Ob A1/16d).