Motivkündigung gemäß § 105 Abs 3 Z 1 ArbVG
Von einer Motivkündigung bzw einem verpönten Motiv spricht man, wenn die Kündigung aus einem gesetzlich unzulässigen Grund erfolgt. Die Rechtsgrundlage dafür findet sich in § 105 Abs 3 Z 1 ArbVG und kann auf Arbeitnehmer:innen Anwendung finden, für die der allgemeine Kündigungsschutz gilt. Die verpönten Motive sind in § 105 Abs 3 Z 1 ArbVG taxativ aufgezählt – das bedeutet, dass grundsätzlich nur die dort genannten Gründe/Motive zur Anfechtung berechtigen.
Kündigung wegen offenbar nicht unberechtigter Geltendmachung von Ansprüchen
Ein häufiger Fall der Motivanfechtung in der Praxis betrifft Ansprüche gemäß § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG, etwa bei „Vergeltungskündigungen“ infolge der rechtmäßigen Geltendmachung von Ansprüchen durch Arbeitnehmer:innen (zB berechtigte Provisionsforderungen: OGH 8 Ob A180/02g). Die Geltendmachung muss „offenbar nicht unberechtigt“ sein. Unberechtigt wäre sie, wenn keinerlei rechtliche Grundlage erkennbar ist und bloß persönliche Wünsche oder Vorstellungen geäußert werden. Nur wenn ohne jeglichen Zweifel kein Anspruch besteht, gilt die Geltendmachung als unberechtigt. Schließlich muss der Anspruch von der Arbeitgeber:in in Frage gestellt worden sein – etwa durch Nichterfüllung, Verzögerung oder Zweifel an der Berechtigung. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, ist eine Anfechtung gemäß § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG möglich.
Wer muss das Motiv der Kündigung beweisen?
Arbeitnehmer:innen müssen in einem solchen Fall das verpönte Motiv glaubhaft machen – das bedeutet, sie müssen darlegen, dass dieses konkrete Motiv mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschlaggebend für die Kündigung war. Arbeitgeber:innen wiederum müssen andere, nicht verpönte Gründe anführen und ebenfalls glaubhaft machen, dass diese zur Kündigung geführt haben (9 Ob A109/22b).